St. Gertrudisbote

59. Jahrgang - Dezember 2004



adventlich leben

Adventlich leben, um bereit zu sein für das,
was manchmal so überraschend in unser Leben tritt,
was uns anrührt und bewegt,
was uns angeht und persönlich meint.
Adventlich leben, um hellwach zu sein für das,
was es neu zu erkennen gilt in dieser Zeit
der seltenen oder verlorengegangenen Visionen,
die aber Gottes Zeit mit uns und für uns ist.
Adventlich leben, um ganz Ohr zu sein für jene,
die uns von ihrem Kummer und ihrer Mühsal,
ihrer Hoffnung und ihren Nöten, ihrer Sehnsucht
und ihrer Enttäuschung erzählen wollen.
Adventlich leben, um ganz da zu sein für den,
der neu ankommen will in mir persönlich
als menschenfreundlicher Gott,
als vertrauenswürdiger und liebevoller Freund.
Adventlich leben, um wartend zu wachen
und wachsam zu warten auf den,
der sich mir neu zuwenden will
im Geheimnis seiner Menschwerdung.
Paul Weismantel
Advent

Der Advent übt in jedem Jahr trotz zunehmender Kommerzialisierung seine Faszination auf uns aus. Es ist eine Zeit der Erinnerung und eine Zeit des Ausschauens, eine Zeit der Erwartung und auch eine Zeit des Aufwachens. Vieles verbinden wir mit "Advent": Licht, Wärme, Geborgenheit.
Wenn wir in diesen Wochen durch die Straßen gehen, sehen wir viele geschmückte Fenster - oft ziemlich bunt beleuchtet, und doch geht von diesen Fenstern nicht das aus, was wir in diesen Wochen vor Weihnachten ersehnen.
Das Fenster gehört seltsamerweise nicht zu den gängigen Symbolen wie z.B. die Tür. Heute haben wir großenteils pflegeleichte, thermoverglaste Alufenster, die jeden Luftzug von uns fernhalten.
Unser Wort "Fenster" ist ein lat. Lehnwort, es bezeichnet einfach die Luke, die Öffnung in der Wand. Im Althochdeutschen verwendete man dafür "augatora" - Windtor und im Altisländischen "vindauga" - Windauge, heute noch erhalten im englischen "window". Das Fenster als "Auge". Wir können zwar hinaus-sehen, aber nur schlecht hineinsehen, was sich im Innern des Hauses verbirgt. Das Fenster ist die Verbindung des Innen mit dem Außen; aber auch das Eindringen des Außen in das Innere des Hauses. Das Fenster hat also eine Mittlerfunktion und wird dadurch zum Symbol der Verbindung des Menschen mit seiner Umwelt und darüber hinaus ins Transzendente.
Advent ist eine Zeit, die uns wie keine andere Zeit des Jahres hinweist auf eben diese Transzendenz. Sind wir aber noch fähig, die Zeichen gerade dieser Zeit zu deuten? Beides im Blick zu haben: das, was war, und das, was auf uns wartet? Gott wird Mensch - jedes Jahr neu. Er steigt herab in mein Leben und will stets aufs neue geboren werden in mir.
"Zu dem wenigen aus dem ehemaligen Kloster Helfta noch Erhaltenen gehört die Ostfassade der ehemaligen Klosterkirche St. Marien. Diese Fassade ist durch drei hochragende Fenster unterbrochen, deren Morgenlicht einst den Kirchenraum erfüllte. Diese drei Fenster gelten von alters her als Sinnbild der Heiligsten Dreifaltigkeit. ... Als das Kloster immer mehr verfiel, versuchte man diese Fenster zuzumauern. Doch eigenartig, im linken Fenster wollten die Steine nicht halten. ... Nach einer Legende wäre in der Zeit der hl. Gertrud durch eben dieses Fenster Christus in die Klosterkirche eingetreten, um sich zu zeigen und mit ihr zu sprechen."
Die linke Seite - auch die Seite des Herzens - ist Symbol für das Innere und Verborgene. Jesus tritt aus dem Verborgenen ein in unsere sichtbare Welt, auch in mein Leben.
Das Fenster - Symbol für die Verbindung des Menschen zu dem, was draußen sichtbar ist. Wie oft stehen wir am Fenster, sehen, wie die Sonne auf- oder untergeht, schauen zu, wenn es regnet oder schneit, und erfahren uns ein wenig geborgen hinter dem Fenster, wenn sich ein Gewitter entlädt.
Das Fenster - Hinweis auf die Transzendenz. In den Dialogen des hl. Gregor, in denen er versucht, in Bildern das Leben und den geistlichen Werdegang des hl. Benedikt zu schildern, begegnen wir im 35. Kapitel des 2. Buches Benedikt auf der Höhe seines Lebens:
"Während die Brüder noch schliefen, stand der Mann Gottes Benedikt schon vor der Zeit des nächtlichen Gebetes auf und hielt Nachtwache. Er stand am Fenster und flehte zum allmächtigen Gott (...) Dieses betende Wachen in der allerersten Morgenfrühe ist ausgerichtet auf die Wiederkunft des Herrn, die sich im Verständnis der alten Kirche am ganz frühen Morgen ereignen wird.... Symbol für dieses Ausgerichtetsein auf den kommenden Herrn ist das Fenster, an dem Benedikt steht. Es lässt nicht nur das natürliche Licht einfallen, sondern symbolisiert mehr noch den Einfall des jenseitigen Lichtes der Transzendenz.... Dieses Stehen am Fenster ist Symbol für die Hinwendung des Menschen zu Gott."
Advent ist die Zeit, die uns gegeben ist, um diese Hinwendung zu Gott, dieses Ausschauhalten nach ihm im Gebet neu einzuüben.
Advent ist die Zeit des Wartens und der Erwartung, dass Gott in uns geboren wird, dass er unser Leben mit allen Brüchen mit uns teilt und unsere Wege mit uns geht.

Äbtissin M. Bernarda Schmidt OSB

Lit.: Puzicha,M.: Benedikt von Nursia begegnen
Hochenauer,J.: Kloster Helfta - ein Abenteuer Gottes
Heyne, Maren: Fotografie
Gramatsiedl: Kirchenfenster
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Aus unserer C H R O N I K :

Am Morgen des 22. August erhielten wir aus dem Krankenhaus Rotthalmünster die überraschende Nachricht vom Heimgang unserer

Sr. Maria Modesta (Anna Inge) Hagen OSB.

Wer Sr. Modesta begegnete, gewann schnell den Eindruck, einer außergewöhnlichen Frau gegenüberzustehen. Schon ihre Herkunft deutet auf nicht alltägliche Verhältnisse:
Geboren wurde Inge Hagen am 2. Oktober 1914 in Grootfontein, Südwestafrika. Ihr Vater, der Großhandelskaufmann Heinrich Hagen, stammte aus Thüringen und ihre Mutter Alma geb. Rosenberg aus Heidelberg. Beide waren schon vor dem ersten Weltkrieg in die damalige deutsche Kolonie Südwestafrika ausgewandert. Im Haushalt dieser protestantischen Familie gab es etliche eingeborene Bedienstete, und auch Inge und ihre um ein Jahr jüngere Schwester Jutta standen unter der Obhut einer eingeborenen Kinderfrau. Die ersten sechs Lebensjahre verliefen völlig unbeschwert. Die Schulbildung sollte Inge in Deutschland erhalten; deshalb fuhr sie mit der Mutter und ihrer Schwester zu Verwandten in Lobenstein, wo sie die Volks- und Realschule besuchte. Auf Wunsch des Vaters kehrten beide Töchter im Alter von etwa 12 Jahren wieder nach Südwestafrika zurück, wo ihr Vater sie in einer englischen Schule in Grahamstown unterbrachte, 4 ½ Tage Bahnreise von zu Hause entfernt. Bald darauf erreichte dort die beiden Schwestern die schmerzliche Nachricht von seinem plötzlichen Tod. Dies war ein schwerer Einschnitt im Leben der Familie und hatte für die zwei Mädchen häufigen Schulwechsel zur Folge.
Geprägt von der religiösen Umgebung der Schulen der Missions-benediktinerinnen in Swakopmund, dann der Englischen Fräulein in St. Zeno / Bad Reichenhall und Regensburg, wuchs in Inge das Verlangen, zur katholischen Kirche zu konvertieren. So wurde sie kurz nach dem Abitur 1934 im Dom zu Regensburg "vorsichtshalber" - wie sie schreibt - noch einmal getauft und empfing die erste heilige Kommunion und das Sakrament der Firmung. Da ihre finanziellen Möglichkeiten ein Studium nicht erlaubten, trat sie in die Krankenpflegeschule in Magdeburg ein. Wir können uns wohl kaum vorstellen, welche Strapazen die junge Rot-Kreuz-Schwester ausstand, als sie mit Ausbruch des Krieges in Frankreich und vor allem im Russlandfeldzug bei den Schwerstverwundeten im Feldlazarett eingesetzt war. Bis ins hohe Alter konnte sie von Stalingrad, den Zuständen im Lazarett, dem Schicksal einzelner Verwundeter und dem dramatischen Rückzug berichten. Nur ein krankheitsbedingter Urlaub bewahrte sie vor dem Kessel von Stalingrad. Schließlich kam sie mit dem letztmöglichen Transport über Österreich zurück nach Deutschland. Das alles waren Erfahrungen, die sie tief prägten und von denen sie sich sowohl körperlich als auch seelisch nur sehr langsam erholen sollte.
Ihr Wunsch, Missionsbenediktinerin von Tutzing zu werden, scheiterte an ihrer geschwächten Gesundheit, und man empfahl ihr, um Aufnahme in St. Gertrud / Tettenweis zu bitten. Hier wurde sie am 23. Mai 1954 eingekleidet und erhielt den Namen Modesta (die "Bescheidene"), legte ein Jahr später die zeitlichen und am 24. Mai 1958 die ewigen Gelübde ab. Sofort nach der ewigen Profess wurde Sr. Modesta das Amt der ersten Infirmarin anvertraut, das sie 35 Jahre lang mit Hingabe bekleidete. Auch als umsichtige Hausmeisterin hielt sie jahrzehntelang unser Haus vorbildlich in Schuss, sorgte überall für Ordnung und Sauberkeit und beteiligte sich in ihrem 80. Lebensjahr noch selber an den verschiedenen Großputzaktionen im Haus. Bei allen Neubauten, Renovierungen und Sanierungen war sie in ihrer Kompetenz gefragt und geachtet; mit großem Geschick verhandelte sie mit Architekten und Firmen. Als vor 10 Jahren unser Gästehaus gebaut wurde, sah man sie jeden Tag bei Wind und Wetter auf der Baustelle, wo sie noch manche Fehlplanung aufspüren und korrigieren konnte. Nicht selten hörten wir sie bei großen Bauaktionen stöhnen: "Es geht doch nichts über eine Negerhütte!" Und oft kam ihr ein "sine fine!" über die Lippen, wenn stets neue Hindernisse oder Arbeitsmaßnahmen auftauchten. Erschien einer Mitschwester eine Angelegenheit nicht schnell genug erledigt, mahnte Sr. Modesta zur Geduld mit den Worten: "Bis zum Jahr 2000 (nach 2000 dann: 3000!) wird's schon werden."
Als Gastmeisterin kümmerte sie sich liebevoll und mit großer Aufmerksamkeit um unsere Gäste und beteiligte sich seit 1967 vor allem mit Vorträgen zur Psalmenexegese und Liturgievorbereitung an unseren Kursen "Kloster auf Zeit".
Im Jahr 1981 wurde Sr. Modesta auch mit dem Amt der Magistra betraut. Als Novizenmeisterin wirkte sie streng und diszipliniert, war aber immer gerecht und nie nachtragend. Wer ein wenig an ihrer scheinbar harten Schale kratzte, stieß bald auf einen weichen Kern.
Bei Festen und Feiern setzte sie ihre ganze Phantasie und Kreativität ein zur Gestaltung der Kostüme, Kulissen, Gedicht und Texte.
Unvergesslich wird uns eine ihrer Faschingsvorführungen bleiben, die ihr dann den Spitznamen "Tante Lila" eintrug.
Das Loslassen ihrer Aufgaben und ihrer Verantwortung, nicht zuletzt als geschätztes Mitglied des Seniorats, fiel ihr nicht leicht. Häufig äußerte sie den Wunsch, dass ihr ein langes Krankenlager erspart bleiben möge. Geduld sei nicht gerade ihre Stärke, betonte sie humorvoll, aber sie hoffe, diese Tugend wenigstens bis eine Stunde nach ihrem Tod endlich erlangt zu haben.
So endet ihr schon mit zittriger Hand geschriebener Lebensrückblick mit dem Satz: "So wurde ich selbst auf die Krankenabteilung gelegt, wo ich nun bettlägerig bin und mit Sehnsucht warte, dass mich Gott doch bald in sein Reich holt." In dieser Zeit des Wartens und Aushaltens blieb es ihr wichtig, anhand des liturgischen Wochenplans das Offizium mitzubeten - was freilich meist nur bruchstückhaft gelang. Am 17.08.2004 zog sich Sr. Modesta bei einem Sturz eine Oberschenkelhalsfraktur zu und musste ins Krankenhaus Rotthalmünster eingewiesen werden. Keine von uns ahnte, dass sie von dort nicht mehr nach Hause zurückkehren würde. Wir wünschen Sr. Modesta, dass sie, die so lange Ausschau gehalten hat nach der ewigen Heimat, dort die überreiche Erfüllung ihrer Sehnsucht erfahren darf. Sie sagte oft, sie werde es im Tod der kleinen hl. Theresia nachmachen, die sie sehr verehrte, und sich von Gott die leeren Hände, mit denen sie ankommen würde, füllen lassen.
Am 24. August feierten wir für Sr. Modesta das Konventamt und bestatteten sie auf unserem Klosterfriedhof.
Am Vormittag des 9. November folgte auch unsere

Sr. Maria Wendelina (Theresia) Zscheile OSB,

in aller Stille, ohne Anzeichen eines Todeskampfes dem Ruf des Herrn in seine ewige Heimat, nachdem sie noch am Morgen die Krankenkommunion empfangen hatte. Ihr Tod kam wegen ihrer Atembeschwerden zwar nicht unerwartet, aber doch plötzlich. Im Requiem, das wir am 12. November für sie feierten, zeichnete Spiritual P. Augustinus ihr Leben in seiner Ansprache nach:
"Sr. Wendelina stammt aus dem Dorf Aufhausen südlich von Regensburg, wo ihre Eltern Ludwig und Ida Zscheile eine Gärtnerei betrieben. Sie hatten acht Kinder, von denen allerdings einige bereits in jungen Jahren starben. Hier erblickte unsere Mitschwester am 8. Oktober 1915 das Licht der Welt und wurde auf den Namen Theresia getauft. Der Erste Weltkrieg, der damals tobte, warf von Anfang an seine Schatten auf das junge Leben. Wegen unzureichender Ernährung und Vitaminmangel konnte das Mädchen mit drei Jahren noch nicht laufen, worüber ihre Mutter tief betrübt war. "Warum kann dieses Kind nicht sterben. Was soll ich mit einem Kind, das nicht laufen kann?" Auf diese bewegte Klage hin gab ein Nachbar den Rat, es mit Honig zu versuchen. Und in der Tat: Allmählich kam Theresia zu Kräften und lernte laufen. Doch musste sie dann noch eine schwere Kinderkrankheit bestehen, die eines ihrer Augen schwer beeinträchtigte. Einmal hörte sie, wie Mutter und Arzt vor ihrem Zimmer darüber sprachen, dass es am besten wäre, wenn dieses Kind stirbt. Es waren Worte, die sich dem kleinen Mädchen tief eingeprägt haben. In ihrem Heimatort Aufhausen empfing Theresia ihre Schulbildung und schloss sich in ihrer Pfarrei der katholischen Mädchenjugend an. Nach Abschluss der Schulzeit half sie in der elterlichen Gärtnerei mit. In diese Zeit fällt noch ein für Sr. Wendelina sehr wichtiges Ereignis: Augustin, einer ihrer Brüder, hatte Priester werden wollen. Die Eltern hatten große Opfer gebracht und ihm die erforderliche Schulbildung ermöglicht. Doch kaum war es so weit, dass Augustin mit dem Studium hätte beginnen können, wurde er zur Wehrmacht eingezogen und in den Zweiten Weltkrieg geschickt. Nach kurzem Fronteinsatz fiel er im Alter von nur 19 Jahren - ein furchtbarer Schlag für die Familie.
Am 3. Januar 1951 klopfte Theresia Zscheile in Tettenweis an. Am 12. September 1951 wurde sie eingekleidet und erhielt ihren neuen Namen ‚Wendelina'. Nach zwei Jahren Noviziat konnte sie am 12.09.1953 ihre zeitliche, nach drei weiteren Jahren ihre ewige Profess ablegen. Ihr Arbeitsgebiet fand Sr. Wendelina für lange Jahre in der Landwirtschaft. Nachdem eine schwere Krankheit ihre Kräfte geschwächt hatte, war sie für eine längere Reihe von Jahren in der Küche tätig. Eine erneute Erkrankung führte dann dazu, dass ihr der Garten als Arbeitsfeld zugewiesen wurde. Schließlich trat sie wegen des Nachlassens ihrer Kräfte in den Ruhestand. Freilich war das zunächst ein recht unruhiger Ruhestand. Mitschwestern erlebten sie über Jahre hin als eigenwillig und depressiv.
Im Jahr 2000 wurde Sr. Wendelina dann auf die Krankenstation verlegt. Hier nahm sie mehr und mehr die Gestalt eines jener Kleinen und "Unmündigen" an, von denen Jesus im Evangelium spricht (Mt 11,25). Wer bei Sr. Wendelina anklopfte, der wurde von ihr mit einer Altersweisheit beschenkt, die von Herzen kam. "Miteinander und füreinander" hörte er da zum Beispiel. "Weil man zufrieden ist", hieß es dann im Gespräch weiter und "Jedes Blümlein spricht: "Himmelvater, ich liebe dich." Und Sr. Wendelina versäumte es auch nicht, ihre Besucher Gott zu empfehlen: "Geben kann ich nichts, aber beten kann ich!" Und dann bekam man beim Abschied noch den Segen.
Im Lauf der letzten Monate ihres Lebens wurde die kleine Schwester immer einfacher. Wenn sie angeprochen wurde, reagierte sie vor allem mit einem fröhlichen Lachen. "Vergelt's Gott" war ihre Antwort auf jede, auch noch so kleine Zuwendung.
Und in dieser frohen Bereitschaft hat sie dann gewiss auch der Bote Gottes gefunden, als er am vergangenen Mittwoch kam und sie mitnahm in jene Welt, in der die Liebe zu Gott keine Trübung mehr erfährt."

Vivant in Christo!
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Aus unserer C h r o n i k :

Da im letzten Gertrudisboten nur wenige Nachrichten Platz hatten, möchten wir zunächst einige Ereignisse aus den zurückliegenden Monaten nachholen: Am 10. Juli kamen 15 Firmlinge aus Tettenweis mit Pfr. Robert Friedsam zu einem Nachtreffen in unser Gästehaus. Mit Sr. Veronika hielten sie zunächst eine Rückschau auf den Tag der Firmung (6. Juli) und starteten dann zu einer "Schnitzeljagd", die sie in verschiedene Räumlichkeiten unseres Klosters führte.
Sr. Adelgundis und Sr. Maria nahmen am 14. Juli an einem von der Diözese angebotenen Seniorentag teil: sie erlebten im Passauer Dom einen Pontifikalgottesdienst mit Bischof Wilhelm Schraml und fuhren anschließend entlang der Donau zum Trappistenkloster Engelhardszell.
Am 26. Juli kehrte Sr. Bonifatia Vögerl aus dem Krankenhaus Simbach zurück, wo sie sich einer Herzkontrolle unterziehen musste.
Am 16. August beerdigten wir unsere Schwestern Hiltrudis und Waltraud. Auf ausdrücklichen Wunsch von Sr. Hiltrudis sangen wir kein Requiem, sondern feierten eine Votivmesse zu Ehren der heiligsten Dreifaltigkeit.
Zu intensiven Arbeitstagen mit einer Gruppe von Schwestern kam Bruder Stephan Veith OSB aus der Abtei Münsterschwarzach vom 16. - 18. August zu uns.
Mit einer dreitägigen Feier gedachten wir des Namenstages unserer Mutter Bernarda: am Vorabend des Festtags gratulierten wir ihr unter dem Motto "Gottes Bund mit den Menschen". Zu diesem Thema hatte Sr. Veronika einen Diavortrag mit Aufnahmen von Glasfenstern Marc Chagalls zusammengestellt.
Am 20. August wurde der Festgottesdienst musikalisch verschönert durch Instrumentalmusik für Flöte und Orgel und den Kanon "Danket dem Herren" von G.Ph. Telemann, den die Sängerinnen nach der Kommunionausteilung vortrugen. Zum Sommerfest am 21. August waren auch wieder unsere Gäste eingeladen. Leider ließ das regnerische Wetter es nicht zu, auf die "Bernardi Wies'n" in unseren Innenhof zu gehen; recht gemütlich ging es aber auch im Küchenkreuzgang zu, wo für Mittag- und Abendessen lange Tische und Bänke aufgestellt waren. Zum Spiele-Teil zogen wir in den Saal von St. Benedikt, wo Sr. Veronika und Sr. Teresa durch ein fröhliches Programm führten: es gab Aufwärm- und Geschicklichkeitsspiele, ein Bibel-Quiz, die Darstellung einer Szene aus dem monastischen Alltag und vieles andere mehr... Den heiteren Teil beschlossen wir mit der gemeinsam gesungenen Vesper.
Für unsere auf der Krankenstation lebende Oblatin Ida Eisgruber wurde durch einen Sturz am 22. August ein Krankenhausaufenthalt mit anschließender Rehabilitation nötig. Am 29.09. kam sie ins Kloster zurück.
In den Sommermonaten Juli und August ging es unter den Gästen international zu: Vier ungarische Deutschstudenten verbrachten einen au pair-Aufenthalt zum Verbessern ihrer Deutschkenntnisse. - Zwei italienische Priester - Don Giuseppe und Don Marco - waren für je vier Wochen unsere Gäste und feierten mit uns die hl. Eucharistie und das Stundengebet. Durch eine sehr schöne und konkrete Einführung in die lectio divina (die geistliche Schriftlesung) regten sie uns an, in unserer Gemeinschaft mit einer fortlaufenden Lesung der Heiligen Schrift zu beginnen. - Die blinde Helga Trager erfreute uns im Gottesdienst mit ihrem Orgelspiel und ihrer klangvollen Stimme.
Die Sommermonate waren auch geprägt durch Grabungsarbeiten im Pfortenhof vor der Steppdeckennäherei und rings um den Kindergarten zum Verlegen einer Drainage. Leider erwiesen sich diese Arbeiten als wesentlich zeitaufwendiger als zunächst angenommen.
Zur "Kurzen Rast" mit der Bibel vom 6. - 11. September konnte Sr. Veronika 11 Teilnehmerinnen begrüßen; die Einkehrtage für unsere Oblatengemeinschaft (17. - 19. September) standen unter dem Thema "150 Jahre Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens." Wie es nun schon gute Tradition ist, erneuerten unsere Oblatinnen und Oblaten im Anschluß an die erste Sonntagsvesper ihr Oblationsversprechen.
Am 21. September lud Sr. Veronika den Frauenbund der Pfarrei Tettenweis zu einem Vortrag über die hl. Gertrud von Helfta ein.
Altäbtissin M. Gabriela Sinabell OSB / Abtei Nonnberg hatte sich zu ihrem 80. Geburtstag einen Besuch bei unserer Altäbtissin Mutter Emmanuela gewünscht: dieser Wunsch erfüllte sich am 26. September. Beide hatten ausgiebig Gelegenheit zum Plaudern und Austauschen von Erinnerungen. Wegen ihres sehr schwachen Herzens wurde Mutter Emmanuela dann am 8.10. ins Krankenhaus eingewiesen, wo ihr Gesundheitszustand etwas stabilisiert werden konnte. Seit dem 22.10. ist sie wieder auf unserer Krankenstation, wo sie sehr viel schläft und nur mit Mühe kurz aufstehen kann. Ihren Humor hat sie allerdings bewahrt, wenn sie auf die Frage nach ihrem Empfinden schmunzelnd antwortet: "Müde, matt und faul!"
Zur zweiten Einheit ihres Kurses für Palliativpflege fuhr Sr. Paula vom 27.09. - 1. Oktober nach Würzburg: sie ist sehr dankbar, diese praxisnahe Ausbildung besuchen zu dürfen, da sie das dort Erlernte in ihrem Alltag auf der Krankenstation unmittelbar umzsetzen kann.
Mit Psalm 23 beschäftigten sich, begleitet von Sr. Franziska und Frau Gertraud Koslik, neun Teilnehmerinnen in den "Tagen der Stille" vom 8. - 10.10.
Sr. Andrea, Sr. Veronika, Sr. Teresa und Sr. Paula nahmen am 15.10. im Geistlichen Zentrum Fürstenzell an einem Vortragsabend mit der bekannten Logotherapeutin Frau Dr. Elisabeth Lukas zum Thema "Dankbarkeit" teil und erzählten uns begeistert davon.
Ein großer Tag, auf den sie sich schon lange gefreut hatte, war für unsere Sr. Stephania Zenk der 16. Oktober, an dem sie ihren 80. Geburtstag feiern konnte. Als Messformular hatte sie sich eine Marienmesse gewünscht - zum Dank an die Gottesmutter, deren Schutz sie auf ihrem Lebensweg begleitet hat. Zwar hat Sr. Stephania die Verantwortung als Priorin schon lange abgegeben, doch wirkt sie in vielen Bereichen noch treu und zuverlässig: als Sakristanin, als Offizialin für das Vestiarium, beim Einteilen der Wochendienste etc., wobei sie selbst noch manchen Dienst übernimmt oder gerne einspringt. Ihren Geburtstag nützte sie zu einem kleinen Familientreffen, zu dem sie ihre Nichten und Neffen mit Familien eingeladen hatte - die jüngste Urgroßnichte war gerade erst zwei Monate alt!
Am 19. Oktober, dem 105. Gründungstag von St. Gertrud, hängten wir im Rahmen einer Kreuzwegandacht auf dem Gang vor unserem Refektorium holzgeschnitzte Kreuzwegbilder auf, die uns die Mallersdorfer Franziskanerinnen geschenkt hatten.
Von ihrem Kursaufenthalt in Maihingen (20. - 24.10.) brachte Sr. Veronika diesmal zwei liebe Gäste mit: Sr. Lioba Gunkel OSB aus Alexanderdorf, deren Auslegungen zu den Sonntagsevangelien wir sehr schätzen, sowie die evangelische Pastorin Beate Stöckigt aus Apolda. In einer Gesprächsrekreation mit den beiden hatten wir Gelegenheit, vieles aus dem Glaubensalltag im östlichen Deutschland zu erfahren. Wir hoffen auf ein Wiedersehen!
Unsere Sr. Michaela Kortenbach suchte am 29.10. wegen sehr starker Rückenschmerzen stationäre ärztliche Hilfe in einer Passauer Klinik.
Am 30. Oktober hatte Sr. Magdalena Gelegenheit, am Treffen der jüngeren Ordensleute der Diözese, das diesmal in Passau bei den Deutschordensschwestern stattfand, teilzunehmen. Geleitet wurde der Tag von Sr. Chiara Hoheneder und Pater Klaus Spiegel OSB. Unter dem Thema: "Neuer Wein in alte Schläuche?" bedachten die 10 Teilnehmerinnen und 2 Teilnehmer ihre Situation als junge Mitglieder in den immer älter werdenden Ordens-gemeinschaften. Dies geschah durch gemeinsames Nachdenken über einen biblischen Text, Austausch in kleinen Gruppen, aber auch im Sammeln von Visionen zu einem gelingenden Ordensleben in der Zukunft für jede Einzelne und verschiedenen spielerischen Arten der Auseinandersetzung mit diesem Thema. Durch die reiche Bewirtung der Deutschordensschwestern war auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt. Krönender Abschluß des Tages war die gemeinsame Eucharistiefeier in der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Krypta der Deutschordenskirche mit ihrer ganz besonderen Atmosphäre.
Neben der Freude über das Wiedersehen und den Austausch war es für alle schön, als ein Fazit des Tages von den vielen verschiedenen, wenn auch oft noch unscheinbaren Aufbrüchen und Veränderungen in den einzelnen Gemeinschaften zu hören und sie als Hoffnungszeichen für eine gute Zukunft mitzunehmen.
An Allerheiligen und Allerseelen dachten wir im fürbittenden Gebet und bei der Feier der hl. Eucharistie aller, die uns verbunden sind und die uns bereits in Gottes Ewigkeit vorausgegangen sind. Mögen sie nun unverhüllt Gottes Angesicht schauen dürfen!

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K o n f e r e n z e n - G e i s t l i c h e s G e s p r ä c h

P. Augustinus begleitete uns wieder mit gut vorbereiteten Konferenzen zu Henri Le Saulx, zu verschiedenen Methoden der Schriftauslegung und zu Papst Gregor dem Großen. Zu den von ihm geleiteten Bibelgruppen sind jeweils am 1. Samstag des Monats auch interessierte Dorfbewohner herzlich eingeladen. In Zeiten seiner Abwesenheit vertraten ihn Pfr. Robert Friedsam und die Priestergäste Don Marco, Pfr. Gerhard Pausch und Pfr. Reinhard Stauch. Ihnen allen ein herzliches Vergelt's Gott!
In unser "Geistliches Gespräch", das wir jeden zweiten Dienstag in der Rekreationszeit halten, bezogen wir Abschnitte aus der Offenbarung des Johannes ein sowie das Thema "Dankbarkeit".

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Liebe Angehörige, liebe Vereinsmitglieder, Wohltäter und Freunde unserer Abtei, liebe Schwestern und Brüder!
"Das Eine ist mir so klar und spürbar wie selten: die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren der Dinge quillt uns dies gleichsam entgegen. Wir bleiben in den schönen und in den bösen Stunden hängen. Wir erleben sie nicht durch bis zu dem Punkt, an dem sie aus Gott hervorströmen. Das gilt für das Schöne und auch für das Elend. In allem will Gott Begegnung feiern und fragt und will die anbetende, liebende Antwort."
(Alfred Delp, Brief vom 17. Nov. 1944)
In allem, wie P. Delp schreibt, will Gott mit uns Begegnung feiern. Dies sind keine Worte, die am Schreibtisch entstanden sind - Alfred Delp hat alles selbst durchlebt und durchlitten.
Für viele von Ihnen waren die vergangenen Monate nicht leicht. Überall wird gespart, gekürzt, gestrichen. Wie immer trifft es die Armen und Schwachen, die sich nicht wehren können. Und wie P. Delp schreibt: Gott sehnt sich nach unserer anbetenden und liebenden Antwort. Krippe und Kreuz - auch für uns rückt beides immer näher zusammen.
Wie Sie den Berichten aus unserer Abtei entnehmen können, liegt kein leichtes Jahr hinter uns. Vier Schwestern hat Gott abberufen in sein Reich. Er ist der Herr - gerade auch inmitten unserer Not. Sein Wort ist uns zugesagt, es ist auf unserem Hochaltar eingraviert: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt".
Am Ende dieses Jahres möchte ich Ihnen ein aufrichtiges Vergelt`s Gott sagen für Ihr Beten mit uns, Ihre geistig-geistliche und materielle Unterstützung.
Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!

Ihre dankbare

M. Bernarda Schmidt OSB

Äbtissin