St. Gertrudisbote

69. Jahrgang - Juni 2014


 

B e t e n i m N e u e n T e s t a m e n t

Exerzitien 2014 mit Frau Prof. Dr. Marianne Schlosser, Wien

(eine gekürzte Zusammenfassung von Sr. Teresa)


Beten ist die Antwort auf das Wissen, dass es jemanden gibt, der es hört. Es setzt voraus, dass jemand geglaubt wird, der zuhört! Wir Christen wissen: Dieser Jemand ist der geoffenbarte Gott.
Wie man betet hängt davon ab, wer Gott ist. Wir glauben nicht nur, dass Er ein Hörender ist, sondern dass Er uns auch sagt, wie wir beten sollen. Hören (auf das Geoffenbarte) – Glauben – Anrufen: Aus diesem Dreischritt heraus kommt es zum Gebet. Beten heißt also, den Glauben vollziehen; und dieser umgreift das gesamte Leben. Sage mir, wie du betest, und ich sage dir, was du glaubst!
Wie hat sich Gott gezeigt? Was sagt uns Christus mit dem Vater-unser über Gott? Wie ist das mit dem Bittgebet, wenn Jesus uns sagt, wir sollen mit großer Erhörungszuversicht beten? Die rechte Frage nach dem Beten ist auch die Frage: Wie verhält sich der Mensch zu Gott und umgekehrt? Und was für eine Bedeutung kommt dabei dem leiblichen Ausdruck zu? Geistliches Leben findet ja nicht abgetrennt von dem statt, was wir sonst tun!
Kann man beten lernen? Bis zu welchem Punkt? Man kann es nicht theoretisch lernen, sondern nur von jemand, der Gott kennt. Im tiefsten ist und bleibt der eigentliche Lehrer aber der Heilige Geist. Dass das Beten gleichwohl auch schwierig sein kann, ist klar. Problematisch kann es schon zu Beginn werden: Wie kann man sich gut sammeln? Und später: Wie geht man mit Zeiten der Trockenheit um? Oder noch schlimmer: Was tun, wenn man einen Widerstand gegen das Beten spürt? Ein Beispiel für das Ringen im Gebet ist Jakobs Kampf mit Gott (vgl. Gen 32,23-32). Eine Art Zurückweisung erfährt aber auch Maria auf ihre Bitte bei der Hochzeit zu Kana hin, und die Syrophönizierin, die um die Heilung ihrer Tochter bittet, muss ihr beharrliches Vertrauen unter Beweis stellen.
Wir können sagen: Der Glaube bringt das Gebet hervor – und das Gebet ernährt den Glauben. Martin Luther stellt kurz und treffend fest: Wer aufhört zu beten, wird den Glauben verlieren!
Der Heiligen Schrift kommt dabei höchste Bedeutung zu: In ihr ist bezeugt, wer Gott ist und wie Er handelt. Unser Gebet beruht auf der Wahrheit des Glaubens an diese Offenbarung. Es hängt nicht davon ab, was ich fühle, sondern was Gott gesprochen hat! Gott will, dass wir zu Ihm in Beziehung treten. Er hat uns die Möglichkeit dazu und die Sehnsucht danach eingesenkt. Im Alten Testament kündigt sich das schon auf den ersten Seiten an, wenn Gott im Paradies ruft: Adam, wo bist du? Der Mensch ist erschaffen zur Gemeinschaft mit Gott! Das Gebet ist der bewusste Vollzug dieser Beziehung. Madeleine Delbrêl meint einmal: „Der Christ ist ein der Kontaktlosigkeit zu Gott Entronnener.“
Die Bibel lehrt uns, dass man Beten lernt durch Hören, so wie Kinder sprechen lernen. Die alten Mönche wussten, dass Lesung (als Hören auf das Wort Gottes) und Gebet einen Zweitakt bilden: Lectio – Oratio. Und wenn Gott will, folgt dem das schauende Verweilen, die Contemplatio.
Das Sprechen zu Gott lernt man zunächst durch Nachsprechen: Man verwendet vorformulierte Gebete und tritt damit in ein größeres Ganzes ein, in die Gemeinschaft der betenden Kirche, in den Leib Christi. Wir beten durch Ihn und mit Ihm und in Ihm!
Wie hat nun Jesus selbst gebetet? Das Geheimnis der Inkarnation ist die Quelle Seines Gebetes. Als Mensch wächst Er in der religiösen Praxis Seines Volkes auf. Es war Seine Gewohnheit, am Sabbat in die Synagoge zu gehen, so berichtet uns der Evangelist. Schon als 12jähriger ist er im Tempel zu finden. Und später bei der Tempelreinigung macht Er unmissverständlich klar, dass der Tempel ein Haus des Gebetes sein soll. Sodann fällt auf, dass sich in allen Passionsberichten Psalmworte im Munde Jesu finden. Die Jünger bemerken, dass Jesus nächtelang an einsamen Orten betet. Er scheint in einer andauernden inneren Zwiesprache mit Seinem Vater zu stehen. An bestimmten Stellen bricht das dann hervor wie Grundwasser in Quellen. Er dankt voller Freude Seinem Vater, er hält Fürbitte für Seine Jünger und auch für Seine Henker. Besonders eindrücklich ist sodann das sog. Hohepriesterliche Gebet Jesu, wie es uns der Heilige Johannes im 17. Kapitel seines Evangeliums überliefert. Hier bittet der Herr inständig für alle, die Ihm gegeben worden sind (woraus sich schließen lässt, was Er von uns erwartet, wenn wir für andere beten). Und Er nennt uns Freunde. So wie Jesus hier Seine Herzensanliegen eröffnet, so sollen auch wir Ihm unser Inneres eröffnen, und das geschieht eben im Gebet! Es kann mit der Gnade Gottes schließlich gipfeln in einer Art von Vereinigung.
Der Weg dazu ist uns gewiesen im Vater-unser als beispielhafte Form für unser Beten. Zu den Inhalten wird uns gesagt, dass es uns zuerst um das Reich Gottes gehen soll. Es wird uns nahegelegt, um den Heiligen Geist zu bitten, die gute Gabe schlechthin. Und wir lernen Fürbitte für andere als reinste Form der Nächstenliebe zu praktizieren. Das alles soll geschehen in der Haltung der Ehrfurcht, Aufrichtigkeit und in Freimut. Unsere Andacht soll mehr auf den gerichtet sein, zu dem wir sprechen, als auf das, was wir sprechen. Letztlich ist das Herz der eigentliche Ort des Gebetes! Wenn wir uns klar machen, wer Gott ist und wer wir sind, wird es uns dabei nie an Demut fehlen. Und wir werden es in vertrauensvoller Beharrlichkeit nie aufgeben.
Jesus erwartet von unserem Beten vor allem Vertrauen, Er fordert uns auf zu Bitten ohne Misstrauen. Dabei soll es uns nicht nur um den konkreten Inhalt, sondern um ein größeres umfassendes Ziel gehen. Die Vollendung ist uns verheißen und zugesagt, nicht aber die Art des Weges dorthin.
Erhörungsgewissheit setzt die rechte Absicht beim Beten voraus. Von manchen Heiligen wissen wir, dass sie ein starkes inneres Empfinden dafür hatten, ob sie um etwas bitten sollten oder nicht. Ob einem das gegeben ist oder nicht: Subjektive Überzeugtheit darf nicht einfach mit dem Willen Gottes selbst identifiziert werden! Alles, was gut ist, darf ich erbitten. Aber ich muss Gott gleichsam einen Spielraum lassen bei der Erfüllung.
Mit einem Menschen müssen wir in gewissem Sinne vertraut sein, um ihn um etwas bitten zu können. Im geistlichen Leben ist es umgekehrt: Durch das Bitten werden wir mit Gott vertraut. Genauso werden wir versuchen, einen Menschen uns geneigt zu machen, damit wir das Erbetene erhalten. Bei Gott aber wiederum umgekehrt: Wir müssen versuchen, uns Ihm geneigt zu machen!
Im Namen Jesu beten heißt auch, in Seiner Gesinnung beten. Wir müssen also bereit sein, uns von dieser formen zu lassen. Auch wenn wir alleine beten, beten wir nie total allein, denn unser Beten vollzieht sich im Geist und in der Wahrheit. Der Heilige Geist bewirkt, dass wir „Vater“ rufen, und im selben Geist bekennen wir, dass „Jesus der Herr ist“.
Das Herrengebet, das Vater-unser, hat in der Kirche von Anfang an eine besondere Stellung. Zahllos sind die Auslegungen der Kirchenväter dazu. Die liturgische Fassung ist die des Matthäus-Evangeliums; sie ist bereits in der Didache („Zwölfapostellehre“, Ende des 1. Jhd.) bezeugt, mit Doxologie. Auch wird es zu dieser Zeit schon üblich, das Vater-unser drei mal am Tag zu beten. Die frühesten Kommentare stammen aus dem beginnenden 2. Jahrhundert; aus der Neuzeit ist der von Alfred Delp zu empfehlen, den er in Erwartung seines Todes mit gefesselten Händen geschrieben hat.
Die ersten drei Bitten (Dein Name …, Dein Reich …, Dein Wille …) sind Bitten um etwas, das nicht einfach automatisch eintritt. Man sieht hier vielmehr, was die Kirche von der Gnade glaubt: Gott wirkt alles, aber nicht alles allein! Das ist die kürzeste Zusammenfassung der katholischen Gnadenlehre. Und die ersten drei Bitten des Herrengebetes sind ihre Illustration. Thomas von Aquin sagt, dass diese drei Bitten auf Erden nie ganz erfüllt werden. Die nächsten vier Bitten aber sind auf unser jetziges Leben bezogen: Unser tägliches Brot gib uns heute – Mit dieser Bitte gebe ich zu, dass ich mein Leben nicht aus mir selber habe; ich bin nicht autark. Ich bin vielmehr abhängig, letztlich abhängig von Gott. Und dabei geht es hier nicht nur um vergängliche Speise, sondern auch um das eucharistische Brot!
Die Vergebungsbitte schließlich ist deshalb so wichtig, weil wir Vergebung nicht aus eigener Kraft schaffen. Es gibt einfach Dinge, die sind für uns Menschen nicht verkraftbar. Man muss sich dann gleichsam die Liebe Gottes zu leihen nehmen. Diese Bereitschaft zur Vergebung, die immerhin von uns erwartet wird, ist etwa für Teresa von Avila ein Zeichen für die Echtheit der Gnade der Kontemplation.
Die Bitte um Bewahrung vor Versuchungen bezieht Teresa auf verborgene Gefahren: Auf die Gefahr der Selbstüberschätzung, etwa wenn man glaubt eine Tugend zu haben, die doch in Wahrheit je und je Geschenk ist. Und auf die Gefahr der verkehrten Demut: Wenn man durch Selbsterkenntnis völlig mutlos und wie gelähmt wird, dann ist das eine Versuchung, kein Gewinn!
Alle Lehrer des geistlichen Lebens raten darum unter allen Umständen zu treuer Beharrlichkeit im Gebet.

Aus unserer C H R O N I K :

Ende Februar, Anfang März mussten gleich drei Mitschwestern das Krankenhaus aufsuchen, um zumindest Linderung ihrer Beschwerden zu erfahren.
Für eine von ihnen war etwas anderes im Plane Gottes: Sr. Edelburga – erst seit drei Tagen wieder zu Hause – empfing am ersten Fastensonntag während des Konventamtes noch wie gewohnt die Krankenkommunion. Als Sr. Andrea sie danach als erste besuchen wollte, hatte Gott sie schon heimgerufen. Mit diesem raschen Tod hat Er ihr viel Leid erspart, das ihr als Lungenkranke in der Endphase noch bevorgestanden hätte. Dessen sind wir uns dankbar bewusst, wenn wir auch zunächst sehr erschrocken waren.
Vor der Beisetzung am 11.3. führte Pater Augustinus in seiner Ansprache aus:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht“ (Joh 12,24).
Liebe Schwestern,
liebe Angehörige, liebe Freunde Bekannte der Verstorbenen!
Wieder tragen wir eine Schwester unseres Klosters zu Grabe und legen ihren Leib in die Erde. Doch mit einem Menschen verhält es sich anders als mit einem Weizenkorn: Ein Weizenkorn bringt erst Frucht, nachdem es in die Erde gelegt worden ist; ein Mensch aber bringt vorher Frucht, bevor sein Leib in die Erde gelegt wird. Wenn Jesus dennoch das Leben der Menschen mit einem Weizenkorn vergleicht, dann verweist er damit auf ein Sterben, das unserem leiblichen Tod vorausgeht. Er selbst erklärt es im folgenden Vers so: „Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben“ (12,25). Das Sterben des Weizenkorns steht also für eine Lebenshaltung, bei der der Mensch nicht mehr um sich selber kreist, sondern sich in den Dienst eines größeren Ganzen stellt. So wie Jesus sagt: „Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren“ (12,26).
Kindheit und Jugend
Zu denen, die es gewagt haben, diesen Weg des Weizenkorns zu gehen, gehört unsere Sr. Edelburga. Schauen wir noch einmal zurück auf ihren Lebensweg!
Sr. Edelburga wurde am 21. Februar 1941 in Griesbach als das erste Kind des Ehepaares Josef und Karolina Auer geboren. Noch am Tag ihrer Geburt wurde sie in der Krankenhauskapelle getauft und erhielt dabei Rosa, Maria und Albina als Namenspatrone. Ihre Eltern waren in Hausmanning bei Hader ansässig, der Vater arbeitete als Rechenmacher und Binder. Die Familie wuchs in den folgenden Jahren an, und schließlich durfte sich Rosmarie an drei Schwestern und einem Bruder freuen. Die materiellen Verhältnisse waren bescheiden; dennoch haben die Kinder nichts vermisst, man kannte es ja auch nicht anders. Umso wertvoller war das warme, menschliche Miteinander in der Familie: Die Eltern waren immer da, man ergänzte sich gegenseitig und stützte sich, es gab keinen Zwiespalt. Und so sollte es dann auch das ganze Leben lang bleiben: immer stand Sr. Edelburga mit ihren Geschwistern in lebendigem Kontakt und war ihnen von Herzen verbunden. Wir als Klostergemeinschaft können Ihnen, liebe Verwandte, nur danken für die vielfältige Mithilfe und die lebendige Verbundenheit, die sie Sr. Edelburga gerade in den letzten schweren Jahren erwiesen haben.
In der Familie Auer war auch der Glaube zu Hause. Der Vater las jeden Tag in der Heiligen Schrift, die Kinder erhielten eine christliche Erziehung. Die Mutter sollte später zu den Ersten gehören, die sich unserem Kloster als Weltoblatin anschlossen. Sie erhielt dabei ebenfalls den Namen Edelburga. Von ihrem 6. Lebensjahr an besuchte Rosemarie die Volksschule in Hader. Schon früh kam das religiös aufgeschlossene Mädchen in näheren Kontakt mit dem benachbarten Kloster St. Gertrud: Gab es dort doch eine Sr. Theresia, die zur Verwandtschaft gehörte. Von ihrem 13. Lebensjahr nahm Rosemarie bei Sr. Adelheid Unterricht im Zitherspiel. Schon damals wurde in ihr der Gedanke wach, in das Kloster einzutreten. So wurde sie dann in der 8. Klasse „Oblatenkind“ in Tettenweis und besuchte die Schule des Klosters. Nach dem Abschluss der Volksschule kam Rosemarie durch Vermittlung des Klosters an die Mittelschule für Mädchen in München-Weichs, die von den Armen Schulschwestern geführt wurde. Diese Schule war ganz darauf ausgerichtet, künftige Novizinnen zu fördern. In einem Brief an die Äbtissin Michaela schrieb ihre Klassenlehrerin Sr. Gunifortis über die junge Schülerin: „Sie dürfen sich über das Kind schon freuen. Rosmarie weiß, was sie will, hängt mit großer Liebe an Tettenweis, hat ein empfängliches, zartes Gemüt und recht viel guten Willen.“ Im Juli 1958 bestand Rosemarie hier die Abschlussprüfung und erreichte damit die Mittlere Reife. Sie gönnte sich nun noch einige Monate Bedenkzeit im Elternhaus. Im folgenden Jahr, am 5. April 1959, klopfte sie an die Tore von St. Gertrud an.
Im Kloster
In Anbetracht ihres noch jungen Alters dauerte ihr Postulat anderthalb Jahre, dafür begnügte man sich dann beim Noviziat mit dem kanonischen Jahr. Bei der Einkleidung erhielt Rosemarie die Äbtissin Edelburga als Patronin ihres klösterlichen Lebens. Am 17. Oktober 1961 konnte sie ihre Zeitliche, und drei Jahre später die Ewige Profess ablegen. Neben der Einführung in das Klosterleben wurde in diesen Jahren auch die musikalische Begabung der jungen Schwester gefördert: Bei Sr. Raphaela und P. Godehard erhielt sie Unterricht in Klavier und Orgel.
Als Betätigungsfeld war Sr. Edelburga zunächst die Paramentenstickerei zugedacht. So begann sie 1964 unter Leitung von Sr. Adelgundis eine dreijährige Lehre an der klostereigenen Stickerei, die sie drei Jahre später mit der Gesellenprüfung abschloss. Jedoch bereitete Sr. Edelburga das lange Sitzen Schwierigkeiten. Deshalb disponierten die Oberen neu und sandten die begabte Musikerin 1968 zum Studium der Kirchenmusik nach Regensburg. Hier erwarb sie sich im Lauf von 5 Jahren gründliche Kenntnisse, die sie in den folgenden Jahrzehnten in vielfältiger Weise einsetzte. Als Organistin leistete Sr. Edelburga ihren Dienst an der Orgel mit viel Liebe und großem Einsatz. Das Orgelspiel war für sie immer auch eine Form des Gebets. Als Erste Kantorin sowie beim Unterricht im Noviziat verstand sie es, ihre Mitsängerinnen zu ermutigen. Über Fehler hörte sie großzügig hinweg und fand lobende Worte, auch wenn noch nicht alles perfekt gewesen war.
Pädagogisches Geschick und eine Engelsgeduld bewies Sr. Edelburga sodann in dem Musikunterricht, den sie Jahrzehnte lang erteilte. Das Repertoire der Instrumente umfasste Klavier, Orgel, verschiedene Flöten, Gitarre und schließlich das Keyboard. Immer wieder wurde da die gleiche Melodie geübt, bis sie endlich gelang. Dabei galt Sr. Edelburgas Aufmerksamkeit jedoch nicht nur der Musik. Sie schenkte ihren Schülerinnen und Schülern auch menschliche Zuwendung. So brachte sie etwa ein belegtes Brot mit, wenn sie wusste, dass ihre Schülerin mit knurrendem Magen in den Unterricht kam. Nach dem Tod von Sr. Aloysia Anfang der 90er-Jahre meldete sich Sr. Edelburga auch für die Küche. Besonders beliebt auch bei unseren Gästen war ihr Kürbisauflauf. In aller Frühe stand sie auf, um das Dinkelbrot und die Dinkelplätzchen zu backen, die beide regen Zuspruch fanden.
Zerbrechliche Gefäße
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Apostel Paulus sagt: „Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt.“ Auch das eindrucksvolle, an Taten reiche Klosterleben von Sr. Edelburga blieb von Anfechtungen nicht verschont. In der Mitte ihrer Klosterjahre durchlebte sie eine schwere Krise und dachte daran, das Kloster zu verlassen. Sie fand neuen Halt durch die Begegnung mit der charismatischen Bewegung. Sr. Edelburga fand hier nicht nur Antwort auf ihre Fragen, sondern engagierte sich auch und wirkte zusammen mit Pfarrer Schobesberger bei der Gestaltung von Kursen mit. Vielleicht können wir in diesem Zusammenhang auch bedenken, dass es Sr. Edelburga Zeit ihres Lebens schwer fiel, sich in eine vorgegebene Ordnung einzufügen. Sie brauchte ein erhebliches Maß an Freiheit. Die Lebensart, die sie ausbildete, nennt man in der Ostkirche „idiorhythmisch“ (nach eigenem Rhythmus). Es spricht für Sr. Edelburga wie für das Kloster, dass das in einer friedlichen und harmonischen Weise möglich war. Als „zerbrechlich“ erwies sich freilich auch das leibliche Gefäß des irdischen Lebens von Sr. Edelburga. Im Jahr 2003 stellten die Ärzte bei ihr eine Lungenfibrose fest. Sie war von nun anzunehmend auf künstliche Sauerstoffzufuhr angewiesen. Doch weiterhin leistete sie mit ganzem Einsatz ihrer Kräfte den Dienst an der Orgel. Immer mehr konzentrierte sich ihr Tageslauf darauf: den Orgeldienst vorbereiten ‒ an der Orgel spielen. Diese ihr so teure Aufgabe fand ein jähes Ende, als sie vor etwa einem Jahr stürzte und dabei mehrere Brüche erlitt. Sie bewahrte sich auch jetzt noch die Hoffnung, zu genesen und ihren Dienst wieder aufnehmen zu können. Doch die fort-schreitende Krankheit ließ das nicht mehr zu. Vor einer Woche war Sr. Edelburga in der Klinik in Passau. Doch dort konnte man ihr nicht mehr helfen. Am vergangenen Sonntag konnte sie noch bei vollem Bewusstsein die hl. Kommunion empfangen. Es war ihre Wegzehrung für den Aufbruch in eine neue Welt. Bald darauf kam der Bote Gottes, um sie mitzunehmen dem entgegen, dem sei in einem langen Klosterleben gedient hatte. Gewiss wird jetzt auch Sr. Edelburga Anteil an jener Herrlichkeit erlangen, von der Jesus im Evangelium spricht:
„Jetzt ist meine Seele erschüttert.
Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde?
Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen.
Vater, verherrliche deinen Namen!
Da kam eine Stimme vom Himmel:
Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen.“
Am Tag von Sr. Edelburgas Beisetzung begann in unserem Klostergarten eine Baumfäll-Aktion. Bis auf zehn wurden alle bis dato noch vorhandenen Obstbäume von einer Spezialfirma gefällt und anschließend fünfundzwanzig Spalierobstbäumchen gepflanzt. Bis diese ausreichend Frucht tragen, werden die verbliebenen alten noch dienen. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, sahen aber jetzt darin die einzig angemessen Lösung. Schließlich haben sich im Laufe der vergangenen Jahre Produktion und Bedarf immer weiter auseinanderentwickelt: Etwa gleichbleibende Erträge standen einem immer geringeren Eigenverbrauch unserer stetig kleiner werdenden Gemeinschaft gegenüber. Die Kräfte von Mitarbeiterinnen und Helfern wurden gebunden, die nicht weniger dringend anderswo gebraucht werden, auswärtige Abnehmer mussten ge-funden werden usw. Diesem ebenso unsinnigen wie unwirtschaftlichen Verfahren haben wir nun ein Ende gesetzt. Die Nutzung der freigewordenen Flächen ist noch nicht befriedigend gelöst, aber das wird sich in den kommenden Wochen und Monaten ergeben.
Einen Vortrag über Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht hielt Sr. Paula am 22.3. beim Frühjahrstreffen der Äbte der Bayerischen Benediktinerkongregation in der Abtei St. Bonifaz in München.
Sr. Veronika konnte am 28. und 29.3. gleich drei Gruppen von Firmlingen aus den Pfarreien Tettenweis und Pocking bei uns begrüßen.
Leider nahmen Sr. Liobas Beschwerden in diesen Tagen wieder so zu, dass sie erneut ins Klinikum nach Passau musste. Sie entschied sich notgedrungen für eine Operation, die am 4. April durchgeführt wurde. Gott sei Dank war sie erfolgreich, und nun befindet sich Sr. Lioba auf dem Weg der Besserung.
Von 3. bis 7.4. hielten wir in diesem Jahr unsere Exerzitien. Frau Prof. Dr. Marianne Schlosser (Theologie der Spiritualität an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien) hatte sich dankenswerter Weise bereit erklärt, uns durch diese Tage der Stille und Besinnung zu begleiten. Ihre Vorträge kreisten um das Thema „Gebet im Neuen Testament“ (siehe auch Zusammenfassung im ersten Teil).
Sr. Michaela vollendete am 15.4. ihr 90stes Lebensjahr. Mit ihr dankten wir Gott und baten um Seinen Segen für die kommenden Jahre.

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Liebe Angehörige, liebe Vereinsmitglieder, Wohltäter und Freunde unserer Abtei, liebe Schwestern und Brüder,
Ihnen allen ein gesegnetes Pfingstfest, die Kraft und die Freude des Heiligen Geistes!
Und einmal mehr ein herzliches Vergelt´s Gott für Ihre treue Verbundenheit!

Mit dankbaren herzlichen Grüßen,

 

Ihre

 

M. Bernarda Schmidt OSB

 

(Äbtissin)

JAHRESVERSAMMLUNG des Herz-Jesu-Hilfsvereins e.V.
am Sonntag, 29. Juni im ’Roten Saal’ (Haus St. Benedikt, 1. Stock) um 14:15 Uhr
- Begrüßung durch die 1. Vorsitzende Frau Äbtissin M. Bernarda Schmidt
- Rechenschaftsbericht (Sr. Teresa)
- Geistlicher Impuls (M. Bernarda)
- ‘Wie Gott will!‘ – zum Bruder-Konrad-Jubiläums-Jahr
von Br. Georg Greimel OFMCap, Altötting
- Begenung und Austausch bei Kaffee / Tee und Kuchen
- Abschluss mit der Vesper in der Abteikirche
Es ergeht ganz herzliche Einladung an die Mitglieder und an alle Interessierten!