St. Gertrudisbote

68. Jahrgang - März 2013



Aus unserer C H R O N I K :

Zum Beginn des neuen Kirchenjahres am 1. Advent gab uns Mutter Bernarda den Titel des Apostolischen Schreibens zum Jahr des Glaubens 'Die Tür des Glaubens steht offen' (vgl. Apg 14,27) als Leitwort mit auf den Weg.
Dieses Glaubensjahr soll dazu dienen, den Glauben "in seiner Ganzheit und in seiner vollen Strahlkraft" neu zu entdecken und die Schönheit und Freude des Christseins zu leben.
Mutter Bernardas Weihetag feierten wir wie gewohnt am dritten Adventssonntag. Und doch war das insofern nicht ‘wie immer‘, weil es sich zum einen um den 20. Jahrestag der Weihe handelte und weil zum anderen unser Bischof Wilhelm nach seinem Rücktritt nicht mehr als Bischof, sondern als bischöflicher Administrator zu uns kam. Er feierte mit uns das Konventamt und nahm sich auch noch Zeit für die anschließende große Frühstückstafel mit allen Schwestern – Sr. Michaela und Sr. Stephania besuchte er danach noch auf der Krankenstation. Und natürlich teilte er nicht nur die Freude dieses schönen Tages mit uns, sondern ließ uns auch an seinen Sorgen und Anliegen teilnehmen. Wichtig war ihm, uns abschließend ausdrücklich für unser Gebet und unser Dasein an sich zu danken und die Hoffnungszeichen nicht zu übersehen, die wie kleine Lichter in dieser für die Kirche in Deutschland (und Europa) so schwierigen Zeit leuchten.
Das Weihnachtsfest feierten wir in tiefer Dankbarkeit für das Geschenk der Menschwerdung Gottes – und für all das Gute, das wir so oft von lieben Menschen empfangen, in welcher Form auch immer – Vergelt’s Gott!
Bereits Ende November hatte Sr. Stephania einen gesundheitlichen Einbruch erlitten. Nach knapp vierzehn Tagen im Krankenhaus bezog sie ein Zimmer auf unserer Krankenstation. Am frühen Morgen des Epiphanie-Festes nun musste Sr. Stephania erneut ins Krankenhaus. Nach Abklärung und Behandlung blieb ihr Zustand so unbefriedigend, dass eine Verlegung ins Bezirksklinikum als der beste Weg erschien. Die Hauptverantwortung für die Sakristei hat jetzt Sr. Agnes übernommen.
Das Referat Seniorenseelsorge unseres Bistums veranstaltete am 15. Januar einen Einkehrtag mit Altabt Christian Schütz OSB (Schweiklberg/Neustift) bei uns. Unter der Überschrift ‘Den Glauben lernen – ein Leben lang‘ nahm man das Prozesshafte des Glaubens in den Blick; die Bibel vergleicht ihn gern mit einem Weg oder einer Wanderung. Dabei kann er wachsen, zunehmen, reifer werden, weiser, tiefer und erfahrener. Rund dreißig Teilnehmerinnen fanden sich dazu bei uns ein.
Sr. Paula konnte von 17. bis 19.1. an einer weiteren Fortbildung der Stiftung Juliusspital in Würzburg teilnehmen. Im sog. ‘Basiskurs Ethikbe-ratung‘ ging es um Fragen, die ja im Hinblick auf die Diskussion um Sterbehilfe von grundlegender Bedeutung sind.
Ganz überraschend schnell wurde unsere Sr. Gertrud, die vor knapp einem Jahr ihren 80. Geburtstag gefeiert hatte, am 24.1. von Gott heimgerufen. Sie war wie üblich bei den Laudes gewesen, hatte auch ihr Buch zum Konventamt schon auf die Bank gelegt, als sie kurz vorher noch einmal hinausging, wo wir sie dann – als sie länger nicht wieder kam – tot auf dem Boden liegen fanden, ohne jede Spur von Schmerz und Kampf. Zwei Tage später trugen wir sie zu Grabe. Pater Augustinus führte im Rahmen des Requiems aus:

„Liebe Angehörige, liebe Schwestern und Brüder!
„Jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird.“
Trostvolle Worte sind soeben in den biblischen Lesungen erklungen. Wir haben sie ausgewählt, weil wir meinen, dass sie uns auch etwas zu Sr. Gertrud sagen können. Schauen wir noch einmal auf ihren Lebensweg und lassen ihn zu uns sprechen!
In der Heimat
Geboren wurde Sr. Gertrud am 29. Februar 1932 in Wüstendorf bei Kulmbach in Oberfranken. Sie war die erste von drei Töchtern der Bauersleute Heinrich und Maria Eber. Die Eltern gaben ihr den Namen Hedwig Margarete. Es war ein gutes, christliches Elternhaus, zugleich lange Zeit die einzige katholische Familie am Ort. Die katholische Pfarrkirche lag in Motschenbach, 6 km entfernt. Gleichwohl war die Mutter darauf bedacht, auch werktags regelmäßig in die hl. Messe zu gehen. In aller Frühe stand sie auf, erledigte die ersten Hausarbeiten und begab sich dann auf den weiten Fußweg in die Kirche. So wuchs Hedwig in einer guten christlichen Atmosphäre auf. In dem benachbarten Ort Buchau besuchte sie die Volksschule und dann die ländliche Berufsschule, die sie 1949 abschloss.
Ein Besuch der Landwirtschaftsschule in Staffelstein diente der Vertiefung der Kenntnisse. Hedwig erzielte in verschiedenen Fächern erfreuliche Ergebnisse, doch den Spitzenplatz nahm stets das Fach Religion ein. „Sie war die frömmste von uns allen“, so bezeugt ihre noch lebende Schwester. Hedwig hatte eine stille Art und lebte eher zurückgezogen. Nach Beendigung der Berufsschule arbeitete sie auf dem elterlichen Bauernhof mit.
In St. Gertrud
So wäre es vielleicht für längere Zeit geblieben. Doch Pfarrer Krapf von Motschenbach zeigte Eifer darin, junge Mädchen seiner Pfarrei für das Klosterleben zu interessieren. Immer wieder nahm er einige von ihnen zu einem Besuch in einem Kloster mit. Bei Hedwig Eber war St. Gertrud in Tettenweis das Ziel der Reise. Hedwig blieb eine Woche als Gast und kehrte dann wieder nach Hause zurück. Doch was sie in Tettenweis erlebt hatte, arbeitete in ihr. Sie tauschte sich darüber mit ihrem Pfarrer und mit ihrer Mutter aus. Und eines Tages war es so weit: Am 17. Oktober 1954 klopfte sie in St. Gertrud an. Am 1. Juni 1955 wurde sie eingekleidet und erhielt nun den Klosternamen Maria Gertrud. Zwei Jahre später folgten die Zeitlichen Gelübde und am 6. Juli 1960 die Ewigen Gelübde. Wie der Lebensweg von Hedwig Eber vor dem Klostereintritt einfach und auf geraden Bahnen verlaufen war, so war es auch im Kloster. Im Laufe der Jahre wurde Sr. Gertrud in verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt: in der Küche, im Garten, in der Lebkuchenbäckerei, in der Steppdeckennäherei, im Vestiarium. Still erfüllte sie die ihr übertragenen Aufgaben, stets war sie treu und eifrig im Gebet. Ihre noch lebende Schwester urteilt: „Für das Klosterleben muss man geeignet sein.“ Das war bei Sr. Gertrud offensichtlich der Fall. Dabei blieb sie mit ihren Verwandten in der Heimat lebendig verbunden. Die jährliche Erholungszeit durfte sie stets bei ihnen verbringen. Auch da zeigte sie sich zufrieden mit ihrer Berufung ins Kloster und war darauf bedacht, das Stundengebet zu halten und die hl. Messe zu besuchen. Allerdings hatte Sr. Gertrud auch ihre Grenzen, die von den Mitschwestern viel Toleranz erforderten. Und wie es dem Verlauf des menschlichen Lebens entspricht, nahmen die Kräfte von Sr. Gertrud mit zunehmendem Alter ab. Umgekehrt reagierte sie immer dankbarer und freundlicher, wenn ihr ‒ etwa von den Krankenschwestern ‒ Hilfe angeboten wurde. Im vergangenen Jahr konnte sie ihren 80. Geburtstag feiern. Auch weiterhin besuchte sie treu die Gebetszeiten des Klosters. So kam ihr Tod am vergangenen Donnerstag für uns alle überraschend. Am Abend zuvor fiel einigen Schwestern auf, dass Sr. Gertrud besonders freundlich war und glücklich wirkte. Am folgenden Morgen machte sie sich dann noch früher als sonst, bereits kurz nach 5 Uhr auf den Weg, um in die Laudes zu gehen. Danach trank sie wie gewohnt eine Tasse Kaffe und kehrte dann wieder zum stillen Gebet in die Kirche zurück. Kurz vor Beginn der hl. Messe verließ sie noch einmal die Kirche. Dort wurde sie dann nach wenigen Schritten vom Tod überrascht. Mitschwestern fanden sie auf dem Boden liegend, ganz friedlich, ohne Spuren eines Kampfes oder Leidens. Die Tage der irdischen Pilgerschaft waren für Sr. Gertrud zu Ende.
Den Unmündigen offenbart
Liebe Schwestern und Brüder!
Sr. Gertrud zählte nicht zu denen, die die Welt verändern und großes Aufsehen erregen. Doch wir wissen auch, dass Gottes Maßstäbe andere sind. Das wird deutlich, wenn Jesus ausruft:
„Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast“ (Mt 11,25).
Mir kommt auch das Wort des Apostels Paulus in den Sinn:
„Seht doch auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen“ (1 Kor 1,26f.).
Darin klingt denn auch bereits an, dass unsere jetzige Wahrnehmung noch nicht die endgültige ist: Es wird einen Wandel, eine Veränderung geben. Der Apostel Paulus beschreibt es so:
„37 Was du säst, hat noch nicht die Gestalt, die entstehen wird; es ist nur ein nacktes Samenkorn … 38 Gott gibt ihm die Gestalt, die er vorgesehen hat, jedem Samen eine andere. … 42 So ist es auch mit der Auferstehung der Toten. Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich. 43 Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird, herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist stark. 44 Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib“ (1 Kor 15,37-44).
Ähnlich spricht der Apostel Johannes in seinem ersten Brief:
„Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1 Joh 3,2).
So tragen wir unsere verstorbene Sr. Gertrud mit Dankbarkeit und Zuversicht zu Grabe. Der Herr wird sie auferwecken und ihr ewiges Leben schenken.“

Am Tag danach machte sich Sr. Teresa auf die Reise, um bei den Schwestern der Christlichen Liebe in Paderborn an der gemeinsamen Vorstandssitzung von AGÖ und AGCEP teilzunehmen. Es konnte nicht nur die nächste Tagung vorbereitet werden, sondern auch ein weiterer Schritt zur engeren Zusammenarbeit mit der Cellerarinnen-AG getan werden.
In den frühen Morgenstunden des 30.1. stürzte Sr. Edelburga in der Zelle so unglücklich, dass sie sich Schulter, Unterarm und Oberschenkelhals brach. Nach einer langen Operation begann für sie der mühsame Weg der Genesung, unterstützt von einer Reha.
Von 8. bis 11. Februar wollten wir unsere Jahresexerzitien unter Leitung von Abt Theodor Hausmann OSB (Abtei St. Stephan, Augsburg) halten. Das Wissen um zwei Mitschwestern im Krankenhaus und mehrere Grippefälle ließen uns aber zu dem Schluß kommen, dass diese Form der Exerzitien für uns nicht mehr sinnvoll durchzuführen ist: Zu viele würden fehlen, zu viele Dienste würden auf den übrigen lasten. So wird sich also erstmals jede selber um einen geeigneten Ort und einen guten Zeitpunkt für ihre Exerzitien umsehen. Damit der Gemeinschaftsaspekt dabei nicht ganz verloren geht, hat uns Abt Theodor ein einhalb Einkehrtage gehalten, die als Vorbereitung auf die gemeinsame Professerneuerung am Hochfest der hl. Scholastika (10.2.) dienten. Dass er dazu bereit und flexibel genug war, sagen wir ihm ein ganz herzliches Vergelt’s Gott!

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Liebe Angehörige, liebe Vereinsmitglieder, Wohltäter und Freunde unserer Abtei, liebe Schwestern und Brüder!
Zum Jahr des Glauben ist schon viel Gutes, viel Tiefes gesagt und geschrieben worden. Dabei mag uns bewusst geworden sein, wie sehr der Glaube doch Geschenk ist, um das man für sich und andere immer wieder beten kann und muss. Aber herbeireden lässt er sich nicht. Man kann niemanden dazu überreden, allenfalls überzeugen, durch ein konsequent aus dem Glauben geführtes Leben. Das ist für uns Christen ein hoher Anspruch. Wie gut ist es da, dass wir einander haben, umeinander wissen, helfend, stärkend, ermutigend!
Auf diesem Glaubensweg sind wir Schwestern hier in Tettenweis, auf diesem Weg sind Sie – und Gott ist unser aller gemeinsames Ziel. So wünsche ich Ihnen allen nun einen gesegneten Weg auf Ostern zu und grüße in dankbarer Verbundenheit,



Ihre

M. Bernarda Schmidt OSB

(Äbtissin)
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