74. Jahrgang
September 2019
J A H R E S V E R S A M M L U N G
unseres Herz-Jesu-Hilfsvereins e.V.
am 30. Juni 2019
In diesem Jahr konnten wir im Rahmen der Vereinsversammlung Frau Angelika Lang als Gast-Referentin begrüßen. Schwester Paula hat seit Jahren Kontakt zu ihr, und so lag es nahe, sie auch einmal unseren Vereinsmitgliedern vorzustellen. Denn Frau Lang übt ein ganz besonderes Engagement aus: Sie setzt sich für Strafgefangene ein. Darüber ist im Vivat-Magazin ein Artikel erschienen, den wir hier abdrucken dürfen. Er gibt das Wichtigste dessen wieder, was Frau Lang den Anwesenden vorgetragen hat. So können Sie, die Leserinnen und Leser unseres Gertrudis-Boten, auf diesem Wege daran Teil nehmen und sich ein gewisses Bild von dem eindrücklichen Nachmittag machen:
Keine Chance?
Disziplin und Liebe brauchen Kriminelle für einen Neuanfang.
Angelika Lang unterstützt sie.
Schon länger als ihr halbes Leben arbeitet Angelika Lang mit Gefangenen – als Sozialarbeiterin, Kriminologin, Gefängnisseelsorgerin. Ihre Suche nach Gerechtigkeit und Liebe hat sie auf diesen Berufsweg geführt.
„Auch ich hätte im Gefängnis landen können“, sagt Angelika Lang, und das ist nicht einfach nur so dahingesagt. Ihre Erinnerungen an Erlebnisse in früher Kindheit sind ähnlich düster wie bei denen, die sie heute begleitet. Wie viele von ihnen erlitt sie seelische Verwundungen, über die sie nur un-gern redet. Lieber erzählt sie von der Kehrtwende ihres Lebens als Jugend-liche. Eine unbändige Wut hatte das erlittene Unrecht in ihr genährt, Wut auf die Verlogenheit und Gleichgültigkeit in Gesellschaft und Kirche. Zugleich war die Sehnsucht nach Lebenssinn, nach Gerechtigkeit und nach Liebe ge-wachsen. Doch weder in der linken Szene war ihre Suche danach erfolgreich, noch in diversen Beziehungen oder in Drogen-Experimenten. Auch in einer gut halbjährigen Episode als Aussteigerin ließ sich ihre Sehnsucht nicht stillen. „Wenn es all das, wonach ich suche, gar nicht gibt, dann war es das wohl mit meinem Leben“, sagte sie sich als 18-Jährige. Kurz vor ihrem 19. Geburtstag kam es zur Begegnung mit einem katholischen Priester, mit dem sie eigentlich nur streiten wollte und der ihr in einer Weise von Gott und Jesus erzählte, die sie hellhörig machte. Wenn sie Jesus finden wolle, müsse sie ihn einfach nur darum bitten, riet er ihr.
Sehnsucht nach Gott
Angelika Langs Gebete ließen sie zwar von keinem Pferd stürzen, wie es vom heiligen Paulus überliefert ist, doch ihre Wandlung war von vergleich-barer Heftigkeit. „Ich fühlte mich plötzlich wie in ein anderes Leben ver-pflanzt, und die Wut war wie verraucht“, erzählt sie. „Liebe deine Feinde, tue Gutes denen, die dich hassen“, las sie in der Bergpredigt – und verstand: Nicht länger darauf warten, Liebe zu bekommen, sondern selbst beginnen zu lieben – darin könnte die Lösung für vieles stecken. Die Welt könnte sich verändern, wenn sich die Herzen der Menschen verändern, hoffte sie zutiefst. Mit Leidenschaft machte sie sich daran, sich um Ausgegrenzte zu kümmern, die ihr über den Weg liefen: um Obdachlose, Punks, Drogenabhängige, Straffällige, Homosexuelle.
Verantwortung für das eigene Tun
Erst Jahre später drängten sich ihre eigenen Verletzungen wieder in den Vor-dergrund und verlangten, dass sie innehielt und Kraft und Mühe für ihre eigene Heilung aufwandte. Ihr Engagement für Gefangene riss auch in dieser Phase nicht ab. Seit sie zum ersten Mal ein Gefängnis besucht hatte, fühlt sie sich dort wie ein Fisch im Wasser. Bis heute geht ihr das so: Sie versteht die Menschen dort, ihre Sprache und ihre ungeschriebenen Regeln sind ihr ver-traut. Für die Gefangenen wünscht sie, was sie für sich selbst gefunden hat: eine gerechte Behandlung, eine faire Chance – trotz mieser Startbe-dingungen und lädiertem Urvertrauen. Um ihnen bestmöglich helfen zu können, absolvierte sie mehrere Ausbildungen und machte sich unter Wissenschaftlern und Praktikern weltweit auf die Suche nach verheißungs-vollen Ansätzen, die Spiralen der Gewalt zu durchbrechen.
Wer eine Straftat begeht, muss dafür Verantwortung übernehmen und Kon-sequenzen tragen, das ist ihr wichtig. Aber die Täter sollen nicht ihrerseits zu Opfern werden, indem man ihre menschliche Würde missachtet und es mit ihren eigenen Rechten nicht so genau nimmt. „Wie sollen sie Vertrauen in unseren Rechtsstaat fassen, wenn man ihre Rechte nicht achtet und ihnen alle Chancen zur Rückkehr in die Gesellschaft verbaut?“, fragt sie. Der Verein „SET-FREE“, den sie vor vielen Jahren mit gegründet hat, unterstützt Gefangene auf vielfältige Weise bei der Wiedereingliederung. Er setzt sich für offene Formen des Strafvollzugs ein, die zahlreichen Studien zufolge die Rückfallquoten nach der Verbüßung von Haftstrafen senken – auch wenn sich das Vorurteil hartnäckig hält, dass die härtesten Strafen die wirkungsvollsten seien.
Gerechtigkeit für die Täter ist für Angelika Lang untrennbar verbunden mit Gerechtigkeit für die Opfer. Die meisten Menschen, die Opfer eines Ver-brechens werden, haben nicht das Bedürfnis nach Rache, weiß sie. Was sie sich hingegen wünschen, ist, dass ihnen öffentlich bestätigt wird, dass sie Schaden erlitten haben und ungerecht behandelt wurden. Sie möchten, dass ihre Fragen beantwortet werden, zum Beispiel die, warum es ausgerechnet sie getroffen hat. Und es liegt ihnen am Herzen, dass es keine weiteren Opfer geben wird, denen das Gleiche widerfährt wie ihnen selbst. Deutsche Ge-richtsverfahren lassen für all das in der Regel keinen Raum, weiß sie. Es gebe Länder, in denen das anders sei. Beeindruckt war Angelika Lang beispielsweise vom Umgang mit dem Attentat Anders Breiviks in Nor-wegen. Sowohl Täter als auch Opfer hätten dort eine faire Behandlung erfahren. Bereits in den ersten Stellungsnahmen des Kronprinzen und des Ministerpräsidenten sei von Rache keine Rede gewesen. „Wir lassen uns unsere Demokratie, unsere Verfassung und alles was uns wichtig ist, nicht nehmen“, sagten beide stattdessen. Im öffentlichen Gedenken hatte jedes einzelne Opfer Raum bekommen, und Hinterbliebene sprachen von Liebe. Während des Prozesses durfte der Täter seine politischen Thesen vertreten, so schwer erträglich das für alle Beteiligen auch war, und man hatte ihm zu Beginn jedes Verhandlungstages die Hand gegeben.
In Brasilien hat Angelika Lang vor zwölf Jahren Gefängnisse kennengelernt, die ihren Träumen vom gerechten Umgang mit Straftätern sehr nahekommen: Die Abkürzung APAC (Portugiesisch für Vereinigung zum Schutz und zur Unterstützung von Strafgefangenen) steht für eine Haftform, die seit den 1970er Jahren von einer christlichen Bürgerinitiative im Bundesstaat Minas Gerais entwickelt wurde und sich mittlerweile in knapp 50 sogenannten Wiedereingliederungszentren bewährt hat. Fairer, wertschätzender Umgang mit den Straftätern beginnt hier damit, dass die Gefangenen immer mit ihren Namen angeredet werden. Anders als in allen anderen Gefäng-nissen, die Angelika Lang zuvor kennengelernt hatte, ist die Atmosphäre hier nicht von Misstrauen beherrscht, sondern von Wertschätzung.
In den APAC-Einrichtungen werden Gefangene schrittweise darauf vorbereitet, Verantwortung für sich selbst, die anderen Gefangenen und ihre Mitmenschen in Freiheit zu übernehmen. Man schenkt ihnen Vertrauen. Wer das in ihn gesetzte Vertrauen nicht enttäuscht, bekommt immer größere Freiheiten und Verantwortlichkeiten, angefangen von der Einteilung von Diens-ten und Aufgaben unter den Mitgefangenen über die Lösung von Konflikten bis hin zur Hoheit über den Gefängnisschlüssel.
Ehrenamtliche Mitarbeiter gehen im Gefängnis ein und aus und tragen dazu bei, dass die Gefangenen Anteil nehmen am Alltagsleben der Bevölkerung in der Region. Sie fördern auch die Kontakte der Gefangenen mit ihren Familien. Auch bei den spirituellen Angeboten, die ein wesentlicher Bestandteil des Wiedereingliederungs-Programms sind, sind sie beteiligt. Richtschnur ist ihnen dabei der liebevolle Blick, mit dem Jesus Sündern und Gescheiterten neue Lebenskraft gab. In der Beziehung zu Gott finden viele Gefangene Kraft, einen Neuanfang in ihrem Leben durchzutragen, versöhnt und in Frieden zu leben, erzählt Angelika Lang. Selbst wenn ihnen die Erfahrung nicht erspart bleibt, dass neues Unrecht ihre alten Wunden aufreißt, hilft ihnen das Gebet, nicht bitter und selbstgerecht zu werden und nicht zu-rückzuschlagen, sondern stattdessen immer wieder aufbauend zu wirken. Der Erfolg dieser Einrichtungen zeigt sich in den Rückfallquoten nach der Entlassung, die um ein Vielfaches geringer sind als in herkömmlichen Gefängnissen.
Einiges von dem, was in den brasilianischen APAC-Reintegrationszentren erprobt wurde, versucht Angelika Lang auch in Deutschland voranzutreiben. In Süddeutschland hat sie zwei Projekte ins Leben gerufen, in denen Ge-fangenen Mitverantwortung eingeräumt wurde. Vor einigen Monaten hat sie ihr Arbeitsfeld nach Sachsen verlagert, weil die Gesetze hier größere Spielräume lassen für einen nachhaltig wirkungsvollen Strafvollzug. Innerhalb kürzester Zeit hat sie eine Gruppe von 19 Ehrenamtlichen gewonnen, die ihre Arbeit mitträgt. Mit einigen von ihnen hat sie in der Dresdner Justizvollzugsanstalt neulich eine Begegnungswoche zum Thema „Neuanfang“ gestaltet. Mehr als 30 Männer waren freiwillig bereit, über einen Neuanfang in ihrem Leben nachzudenken. Im Anschluss daran konnten sie sich entscheiden, welchen Folgekurs sie besuchen möchten. Zur Wahl standen ein christlicher Glaubenskurs und ein Zwölf-Schritte-Programm analog dem der Anonymen Alkoholiker, das ebenfalls einen spirituellen Bezug enthält. „Eine höhere Macht kann mir helfen“, heißt es in Schritt drei, und jeder kann das mit Inhalt füllen wie er möchte: die „höhere Macht“ war für manche die Gruppe, für andere Gott oder etwas nicht näher Definiertes.
Verantwortung als Grundlage
Angelika Lang hatte dazu einige alte Bekannte eingeladen, ehemalige Häftlinge, die seit vielen Jahren straffrei leben. Sie erzählten den Dresdner Männern von ihren eigenen Neuanfängen: Ein früherer Zuhälter und Karate-champion berichtete zum Beispiel, wie er es durch strenge Disziplin geschafft hat, sein Leben zu verändern. Er sei „Berufskrimineller“ gewesen, berichtete ein anderer. Nachdem er bei einem Raubüberfall einen Mann ge-tötet hatte, erfuhr er, dass dieser gerade dabei gewesen war, seine Hochzeit vorzubereiten. Einige Zeit später begegnete er der Frau, der er den Bräutigam genommen hatte. Der gewaltsame Tod ihres Liebsten war für sie so traumatisch gewesen, dass sie krank geworden war und sich in einer psychiatrischen Klinik behandeln lassen musste. Trotzdem sagte sie ihm, dem Mörder ihres Mannes, Vergebung zu. Im Gefängnis fand er einen Zu-gang zu Gott, er fing an zu beten und schöpfte aus der Beziehung mit Gott Kraft zu einem versöhnten Leben. Bei den Bediensteten des Gefängnisses fing er damit an. Mucksmäuschenstill lauschten die Männer über eine Stunde lang seinen Worten. Den meisten von ihnen fällt es für gewöhnlich äußerst schwer, aufmerksam zuzuhören.
Auch in zwei Dresdner Kirchengemeinden trafen die „Ehemaligen“ mit ihren Lebensgeschichten kurz darauf aufmerksame und angerührte Zuhörer. Angelika Lang hatte die Kontakte vermittelt, weil es ihr wichtig ist, Brücken zu bauen zwischen den Gefängnissen und der „freien“ Welt. Zum einen, weil es nur durch lebendige Kontakte möglich ist, dass die Gefangenen nach ihrer Entlassung wieder Wohnung und Arbeit finden. Zum anderen, weil die Begegnung mit Straftätern das Bewusstsein dafür wecken kann, dass der Einsatz für gerechtere Strukturen die Kriminalität verringern kann.
„Kein Baby kommt kriminell zur Welt“, ruft die Dresdner Gefängnisseelsorgerin ins Bewusstsein. Wer kriminell wird, hat zuvor in der Regel einiges erlebt, das diesen Weg befördert hat – Demütigungen, Gewalt, Aus-grenzung, Benachteiligung. „Wir ernten, was wir säen“, meint Angelika Lang, ohne dabei die Verantwortung von Tätern kleinreden zu wollen. Gerecht wäre in ihren Augen zum Beispiel, wenn Kinder von Drogenabhängigen so viel Unterstützung in der Schule bekommen, dass sie den Gleichaltrigen gegenüber nicht benachteiligt sind. Dies steigere dann die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich mit dem Rechtssystem identifizieren, in dem sie leben und später nicht straffällig werden.
Wir ernten, was wir säen
Gerecht wäre auch, wenn reichere Einzelpersonen und Nationen ihren Wohlstand als Verpflichtung zur Solidarität mit den ärmeren verstünden und lebten. Dies sei häufig nicht der Fall, bedauert die Seelsorgerin. Doch auch im Zusammenleben der Völker gelte das Prinzip „Wir ernten, was wir säen“. Die Flüchtlinge, die derzeit in Europa Aufnahme suchen, stammen zum großen Teil aus Ländern, die seit Jahrhunderten von Europa ausgebeutet werden.
Durch Negativ-Zuschreibungen werde immer wieder versucht, die moralische Verpflichtung, sich um bedürftige Flüchtlinge zu kümmern, vergessen zu machen: „Die Flüchtlinge sind alle Verbrecher“, heißt es dann zum Beispiel. Auf Dauer führe eine solche Haltung dazu, dass die Reichen selbst wie Gefangene lebten, sagt Angelika Lang, und denkt dabei an die Mauern, die in den vergangenen Jahren an diversen Staatsgrenzen hochge-zogen wurden. In Brasilien sah sie direkt gegenüber von einem Gefängnis eine Festung, deren Mauer die der Haftanstalt weit überragten. Als sie sich nach diesem Gebäude erkundigte, antwortete man ihr: „Das ist ein Gefängnis für einen Einzelnen.“ Ein sehr reicher Mann hatte sich dort zum eigenen Schutz selbst eingemauert.
Solidarität sorgt für Gerechtigkeit
Bei einer anderen Brasilienreise sah sie in einem Armenviertel ein kleines Mädchen. In Lumpen gehüllt, stand es in einer Barackensiedlung, mit verfilzten Haaren: Niemand verscheuchte die Insekten, die über die Geschwüre auf der Haut des Mädchen krabbelten. „Ein solches Kind hat keine Chance“, fuhr es ihr durch den Sinn. Wenn sie an Menschen wie dieses Kind denkt, möchte sie Gott nach seiner Gerechtigkeit fragen. Sie selbst hat ihn in ihrem Leben als Liebenden, zutiefst Gütigen kennengelernt und doch hat sie sich vorgenommen, ihn eines Tages zu fragen: „Warum hast du den Menschen geschaffen, obwohl du doch wusstest, wie viel Leid ihn erwartet?“
Sie ahnt, dass es Erfahrungen gibt, mit denen Gott das Leid wettmacht, Erfahrungen, die noch größer sind als der Schmerz, der Menschen zu Boden wirft. Keinesfalls möchte sie die Antworten beiseite wischen, die sie in der Kirche auf ihre Fragen bereits gefunden hat: „Ich weiß, er hat die Suppe selbst wieder ausgelöffelt, indem sein Sohn all unsere Schuld auf sich nahm“, sagt sie, „ich weiß, wie viel Leid aus der Freiheit erwächst, mit der er uns beschenkt hat. Und doch: Eines Tages werde ich ihn nach all den Menschen fragen, die eigentlich keine Chance haben, wie das kleine brasilianische Mädchen in der Barackensiedlung und so wie die Menschen, die ich in Deutschland kennengelernt habe mit seelischen Verletzungen so tief, dass sie zum Tod führen.“
(Mit freundlicher Genehmigung des St.-Benno-Verlags, entnommen dem Vivat-Magazin, Autorin Dorothee Wanzek.)
Aus unserer Chronik:
Am 26. April verstarb im Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg Prälat Eberhard Vollnhofer CanReg. Er war von 1980 bis 2005 Propst des Stiftes und äußerst beliebt und geschätzt. Das zeigte sich nicht zuletzt an der großen Beteiligung am Requiem, das am 6. Mai gefeiert wurde, und an dem auch Mutter Bernarda teilnahm. Stift Reichersberg, oberhalb der österreichischen Seite des Innufers gelegen, und in gut zwanzig Minuten erreichbar, ist das uns nächst gelegene Kloster. Die Kontakte sind nicht mehr so rege wie früher, aber bei solchen Anlässen ist Dabeisein selbstverständlich.
Schwester Maria unterzog sich am 8. und 29.5. je einer Star-Operation. In beiden Fällen gelang sie – Gott sei Dank - gut, und unsere Mitschwester ist froh, jetzt wieder ungetrübte Sicht zu haben!
Gemeinsam mit zahlreichen Ordensleuten und Gläubigen aus der ganzen Diözese Passau beteiligten sich auch Pater Augustinus und Schwester Veronika am „Guten-Hirten-Sonntag“, 12.5., an der Gebetsprozession und feierlichen Vesper zum Weltgebetstag für geistliche Berufungen in Rinchnach.
Alle drei Jahre findet ein Föderations-Kapitel statt. Dieses Jahr waren unsere Mitschwestern der Abtei Frauenwörth im Chiemsee Gastgeberinnen. Von 13. bis 15.5. nahmen Mutter Bernarda und Schwester Teresa als Delegierte des Konventes daran teil. Aus der turnusmäßigen Wahl einer neuen Moderatrix ging Äbtissin Johanna Mayer von Frauenwörth hervor. Berichte aus den Klöstern und die Besprechung des römischen Dokumentes ‘Cor Orans‘ (eine vatikanische Instruktion, für das kontemplative weibliche Ordensleben) standen als weitere Punkte auf dem dichten Programm.
Schwester Lioba musste am 20.5. zur Abklärung ins Krankenhaus Rotthalmünster. Es wurde festgestellt, dass sie sich zwei Rippen gebrochen hatte. Mehrere nachfolgende Untersuchungen dehnten den Krankenhausaufenthalt auf vierzehn Tage aus, sodass wir unsere Mitschwester erst am 4. Juni wieder bei uns begrüßen konnten.
Am 18. Mai verstarb unsere „Oblaten-Seniorin“ Frau Martha Hilda Steinmetz. Am Ostermontag 1948 hatte sie als 25-Jährige in der Abtei Schweiklberg ihr Oblationsversprechen abgelegt. Als sie ihren Ruhestands-wohnsitz nach Kirchham verlegte, übertrug sie ihre Oblation auf unsere Abtei. „Gott ruft immer ins Leben: ob wir geboren werden oder ob wir sterben“, hieß es in der Ansprache beim Requiem für Frau Steinmetz am 24.5. in Vilshofen, an welchem Schwester Veronika teilnahm. R.i.p.
Ebenfalls am 24.5. besuchte uns der Publizist Bernhard Meuser. Er ist Initiator und Mitautor des im Jahre 2011 erschienenen Jugendkatechismus «Youcat» und koordiniert von Augsburg aus weitere Projekte der Jugendevangelisation. In der mittelfristigen Planung der Youcat Foundation liegt auch ein kleines Werk zum Thema Heilung, Krankheit, Pflege, Krankensalbung und Sterben. Schwester Paula könnte den Verfassern helfen, die richtigen Fragen zu finden und Hinweise geben, welche Punkte man besonders beachten muss. Dazu gab es hier die Vorgespräche.
Schließlich bekam auch Pater Augustinus an diesem Tag Besuch von seinem Mitbruder Frater Gregor Baumhof OSB, Gründer des Hauses für Gregorianik e.V. in München. Wir freuten uns, ihn im Chor und bei Tisch mit dabei zu haben. Und er revanchierte sich mit einer Konferenz über die Communio des Pfingstfestes („Spiritus Sanctus docebit vos, alleluia: quaecumque dixero vobis, alleluia, alleluia.“, zu Deutsch: Der Heilige Geist wird euch alles lehren, halleluia, was ich euch gesagt habe. Halleluia, halleluia). Der Text entstammt dem Johannes-Evangelium (14,26), ist aber kein wörtliches Zitat, sondern gekürzt, leicht umgestellt und durch drei alleluia ergänzt. Das ist das erste Bemerkenswerte: Der freie, poetische Umgang mit der Heiligen Schrift, deren Worte zugleich durch die Hinzufügung des alleluia in österliches Licht getaucht werden. Sodann betont die Melodieführung die Beziehungsworte „vos“, „vobis“ (euch), steht doch eine Communio im Verlauf der Messe als Gesang zum Kommunion-Empfang genau dort, wo es um die tiefste Form von Gemeinschaft geht! Und schließlich machte uns Frater Gregor klar, dass der Gesang gleichsam eine Medaille mit zwei Seiten ist: Den Glauben derer, die Eucharistie feiern, an die Gegenwart Christi im Sakrament voraussetzend zeigt er mit seinem Text, wer der-jenige ist, der sie glauben lässt: Der Heilige Geist! Und zugleich erlaubt er dadurch, dass er diesen Text als Communio darbietet, seine Interpretation: Diejenigen, mit denen ich gemeinsam zur Heiligen Kommunion gehe, sind die hier und heute Angesprochenen: Wir werden vom Geist belehrt, und Er wird uns an alles erinnern, was Christus gesagt hat! Eine solche zweiseitige Deutungs-Leistung kann kein noch so schönes Lied aus dem Gotteslob erbringen. Darum ermunterte uns Frater Gregor, auch als kleine Gemeinschaft der Pflege des Choral treu zu bleiben.
Am diesjährigen Ordenstag unseres Bistums (31.5.) beteiligten sich rund 50 Schwestern und Brüder, darunter auch Schwester Veronika und Schwester Paula. Pater Augustinus als 2. Vorsitzender und Mitorganisator war maßgeblich an der Gestaltung des Programms beteiligt, das diesmal einen Ausflug zur seligen Irmengard nach Frauenwörth im Chiemsee vorsah! Die doch recht weite Anfahrt wurde belohnt mit einer Fülle von schönen Eindrücken: Der Chiemsee mit seinem Panorama und den Inseln ist ja an sich schon eine Reise wert. Und nun kam zu der natürlichen auch noch die geistig/geistliche Freude hinzu: Schwester Magdalena Schütz OSB hielt der Gruppe eine ebenso begeisterte wie kompetente Führung und gab Einblicke in die Geschichte, die geistliche Bedeutung und die Gegenwart der Abtei Frauenwörth. Höhepunkt dieses ersten Teils war das gemeinsame Gebet am Reliquienschrein der seligen Irmengard. Anschließend ließ man sich das Mittagessen beim Klosterwirt schmecken. Dann schloss nach einer Zeit zur freien Verfügung der Aufenthalt auf der Insel mit der gemeinsamen Eucharistiefeier im Münster. Auf dem Rückweg wurde Marienberg ange-steuert, wo Domkapitular Fischer, der scheidende Ordensreferent, mit der Gruppe eine Maiandacht hielt, um so am letzten Tag dem Marienmonat einen würdigen Abschluss zu geben. Damit war aber der Ausflug noch nicht ganz zu Ende, denn im Haus Heilig Geist in Burghausen wartete auf die Teilnehmer noch ein herzhafter Imbiss. Damit verabschiedete sich Domkapitular Fischer von den Ordensleuten. Für sein jahreslanges Engagement sind und bleiben ihm alle dankbar!
Unter dem Motto „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein (Mt 5,37) – Verbindlich leben“ fand in St Ottilien vom 11. bis 14. Juni die Oblaten-Tagung statt. Zusammen mit ca. 70 Teilnehmern aus deutschsprachigen benediktinischen Oblatengemeinschaften erlebten unsere Oblatin Frau Holzer und Schwester Veronika anregende Tage in der Beschäftigung mit ausgewählten Themen aus der Vita und der Regel des heiligen Benedikt.
In unserem Bistum gibt es seit 2016 die sog. Maria-Hilf-Woche. Sie ist geprägt durch eine ganze Reihe von Gottesdiensten und Zusammenkünften, die die Vielfalt des kirchlichen Lebens im Passauer Land wiederspiegeln. Krönender Abschluss ist jeweils der Tag der Priesterweihe an Peter und Paul (29.6.). Am Tag davor sind immer die Ordensjubilare eingeladen. Diesen Termin haben in der Vergangenheit auch schon mehrere von uns wahrgenommen. Neu war in diesem Jahr „Ein Tag für Pflegende“. Dazu hatte das Referat Sozial- und Pflegeberufe am 22.6. nach Passau eingeladen: Er war als „Dankeschöntag“ für Pflegekräfte und auch pflegende Angehörige gedacht. So nahm von uns Schwester Paula daran teil.
Im Rahmen ihres Engagements für die Orden in unserem Bistum, fuhren Schwester Veronika und Pater Augustinus am 28.6. nach Passau. Dort fand eine zentrale Feier aller Ordensjubiläen dieses Jahres statt. An der Pontifikalmesse wirkten Pater Augustinus als Konzelebrant und Schwester Veronika als Lektorin mit. Das anschließende Mittagessen im Paulusbogen bot Gelegenheit zu Begegnung und Austausch, bevor ein kleines Orgelkonzert den schönen Tag abschloss.
Am 27. Juli hielt Herr Schaitl (Geschäftsführer des Parkwohnstiftes) allen Touren-fähigen Schwestern eine ausgiebige Baustellen-Führung von gut drei Stunden Dauer! Zwar kann man als Laie sehen, dass sich vor allem im Inneren der Gebäude schon enorm viel getan hat. Aber wenn einem erklärt wird, welchen Zwecken die Räumlichkeiten in Zukunft dienen sollen, warum welche Eingriffe in den Baukörper notwendig waren und wie viele Schritte von der Befundung über die Freigabe durch den Statiker bis hin zur Ausführung nötig sind, dann kann man die Leistungen, die seit gut 14 Monaten auf der Baustelle erbracht werden, erst richtig würdigen. Wir Schwestern hatten dabei natürlich auch immer das „Vorher“ vor dem inneren Auge. Und wir sagten mehr als einmal zueinander: Ach, hier war doch … und da war doch …! Die Veränderungen an der Kirche – dem Herzstück des Ganzen – sind gering: Der Einbau der Sakristei unter der Empore verändert den Raumeindruck nur unwesentlich; so war es vom Denkmalschutz gewünscht worden. An anderen Stellen aber hatten wir selber Probleme, uns zu orientieren: So etwa im Bereich des früheren Vestiariums (Nähstube), wo der Boden auf Gangniveau abgesenkt und in Trockenbauweise Wände eingezogen wurden. So kann dort eine komplette kleine Arztpraxis entstehen. Nicht wenig beeindruckt hat uns auch das Dachgeschoss, wo durch Anheben der Decke und Einbau großzügiger Mansarden wesentlich hellere und luftigere Räume entstanden. An der Südseite 70er Bau hat man das massive Balkongeländer durch Stäbe ersetzt, sodass sich aus den Zimmern jetzt ein nahezu freier Blick in den Garten bietet. Und diese Beispiele gelungener Veränderungen ließen sich noch fortsetzen. Die Erfahrungen, die unser In-vestor mit seinem Parkwohnstift in Arnstorf bereits gemacht hat, kommen dem Umbau hier jetzt vielfältig zugute, das nehmen wir dankbar wahr. Und so sind wir zuversichtlich, dass es auch gut weitergeht!
Liebe Angehörige, liebe Vereinsmitglieder, Wohltäter und Freunde unserer Abtei, liebe Schwestern und Brüder,
„Kaum ist der Tag am längsten, wächst wiederum die Nacht. Begegne unsren Ängsten mit deiner Liebe Macht. Das Dunkle und das Helle, der Schmerz, das Glücklichsein nimmt alles seine Stelle in deiner Führung ein.“ (GL 465) Mit Riesenschritten schreitet die Zeit voran. Vor unseren Augen geht der Umbau zügig weiter - jetzt schon 14 Monate. Demnächst sollen wir unsere kleine Glocke sauber gereinigt wieder zurückerhalten, sie kommt dann in einen eigenen kleinen Glockenturm über dem Turm der Kirche. Sie wird wieder zu allen Gebetszeiten läuten. Wir freuen uns schon sehr auf diesen Tag. Für mich sind Glocken Zeichen des Glaubens und der Freiheit. Eine Erinnerung an das Wesentliche gerade in unserer so turbu-lenten Zeit. - Ihnen allen Gottes Segen
Mit dankbaren herzlichen Grüßen,
Ihre
M. Bernarda Schmidt OSB
Äbtissin
Benediktinerinnenabtei St. Gertrud
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D-94167 Tettenweis
Telefon 08534/9690-100
E-Mail: verwaltung@sankt-gertrud.de
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